0190-Dialer und Recht

Dokument im pdf-Format LG München, Urt. v. 18. März 2004 - Az.: 27 O 15933/03

 

LANDGERICHT MÜNCHEN I

27 O 15933/03



URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES


In dem Rechtsstreit (...) erlässt das Landgericht München I (…) folgendes Endurteil:


I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 5.844,80 nebst 5 % Zinsen über Basiszinssatz aus EUR 958,51 seit 16.12.02 und aus EUR 4.806,29 seit 15.01.03 zu bezahlen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Bezahlung von Telefondienstleistungen.

Die Parteien haben einen Telefondienstvertrag über einen ISDN-Anschluss abgeschlossen. Der Vertrag kam auf schriftlichen Antrag des Beklagten vom 08.03.2001 sowie hierauf bezogene Auftragsbestätigung vom 27.04.01 zustande. Bis 31.12.2002 galten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin mit Stand Dezember 1993 sowie der I5JDW mit Stand 22.07.1999 (Anlage K 3 und K 4).

Entsprechend der Preisliste für ISDN-Telefonanschlüsse zu dem genannten Vertrag waren für die Anwahl von Service -Rufnummern dar Rufnummerngasse 0190-8 ein Preis von DM 3,60 pro Minute enthalten. In der Zeit vom 03.10.2002 bis 08.11.2002 wurde die Service-Rufnummer 0190-8 (…) vom Anschluss des Beklagten vielfach und über längere Dauer angewählt. Im Oktober 2002 fielen 520,73333 Minuten an zum Bruttoentgelt von 958,84 EUR. Im November wurde die Rufnummer 2654,60 Minuten angerufen. Die Gebühr hierfür wurde mit Rechnung vom 16.12.02 in Rechnung gestellt (Anlagen K 5 und K 6).

Der Beklagte hat die Verbindung über das Programmfenster eines Dialers hergestellt. Bei diesem Programmfenster war vermerkt:

"gratis-zugang (…)

Hot Sex (…) Einwahl zum Erotikservice mit Freischaltung für alle kostenpflichtigen Erotik-Bereiche"


Unter dem Text befanden sich zwei Anklickflächen mit den Worten "Verbindungen" und "AGB's. In den AGB' s waren folgende Regelungen enthalten:

"Nachfolgend die Bedingungen für das Herunterladen und die Benutzung unserer auf dieser Seite vorliegenden Zugangssoftware.

Mit dieser Software bekommen Sie Zugang zu mehr als 20.000 Hardcore-Filmen, 20 Live-Sex-Shows, 15 verschiedenen Spy-Cams, mehr als 100.000 Qualitätsfotos und 1.000enden von Hardcore-Sex-Geschichten. Zudem werden Sie eine riesige Auswahl privater Chat-Rooms und vieles mehr vorfinden. Dieser Dienst wird bereitgestellt von D (….), Niederlande. (…)

Die Software, die beim Anblicken des Download-Buttons heruntergeladen wird, bricht (wenn sie heruntergeladen und aktiviert ist) die normale Internetverbindung ab und ruft den Servicecenter an. Sie ermöglicht damit den Zugang zu den frechen Seiten von diesem Service. Wenn der Benutzer Informationen außerhalb dieses Service holen möchte, muss er die Verbindung abbrechen und den normalen Internetzugang zu seinem Internetprovider benutzen. (…)

§ 7
D (…) übernimmt insbesondere keine Haftung für (…)die Anzeige der korrekten Verbindungsentgelte bei (…) Verbindungsaufbau durch die Software, für Verbindungskosten bei erfolglosem Verbindungsaufbau und für Verbindungskosten bei erfolglosem Verbindungsabbruch.

§ 9
Die dein User entstandenen Verbindungskosten werden mit der Telefonrechnung des Carriers des Users abgerechnet."


Der Beklagte hatte seinen Computer so figuriert, dass parallel zu dem DSL-Internet-Zugang noch Einwahl über den ISDN-Anschluss möglich waren. Im September 2002 hatte die Klägerin in einer Sonderaktion unter Hinweis auf missbräuchliche Angebote von Premium-Rate-Diensten diese Rufnummern (0190) für alle Kunden sperren lassen. Eine Freigabe erfolgte nur auf Antrag.

Der Beklagte hat nach Erhalt dieses Kundenschreibens die Rückseite des Schreibens mit dem Antrag auf Freischaltung der Service-Rufnummern des Rufnummernbereichs 0190 unter dem 08.09.02 an die Klägerin per Telefax zurückgesandt.

Die Klägerin meint der Beklagte schulde den streitgegenständlichen Betrag aufgrund des zwischen den Parteien abgeschlossenen Telefondienstvertrages in Verbindung mit § 631 f. BGB. Der Beklagte habe die betreffenden Verbindungen auch zu vertreten. Die Klägerin beantragt daher:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 5.844,80 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus EUR 958,51 seit 16.12.2002 und aus EUR 4.686,29 seit dem 15.01.2003 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

Er meint aufgrund des neuesten Urteils des 3. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 14.03.2004 sei er nicht zur Zahlung der erhöhten Vergütung für Verbindungen zu der streitgegenständlichen 0190er Nummer verpflichtet , da die Anwahl zu dieser Nummer über einen heimlich im Computer des Kunden installierten sog. Dialer erfolgt sei und ihm demgemäss kein Verstoß gegen seine Sorgfaltsobliegenheiten zur Last gefallen sei. Er sei davon ausgegangen aufgrund des Internet-Fensters, dass es sich um einen kostenlosen Service, gehandelt habe, der durch Sex-Werbung finanziert werde. Die Klägerin habe auch das Risiko des Missbrauchs der 0190er Nummern zu tragen, da sie nur einen Teil des erhöhten Entgelts an die DTAG abführe.

Dem Beklagten falle überdies auch kein Verstoß gegen Sorgfaltsobliegenheiten zur Last. Er habe keinen besonderen Anlass zu Schutzvorkehrungen gehabt, da der Dialer nicht bemerkbar gewesen sei . Er habe damit die Einwahl über den Dialer nicht zu vertreten.

Das Dialer-Programm lasse weder erkennen, wofür Kosten anfallen sollten, noch in welcher Hohe diese entstehen würden. In dem vom BGH entschiedenen Fall habe es sich um einen vergleichbaren Sachverhalt nämlich die Aufforderung des Erotik-Anbieters A (…) und eine Gratis-Zugangs herunterzuladen gehandelt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsatze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Unstreitig hat der Beklagte die Telefondienstleistungen der Klägerin in Anspruch genommen.

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass er sich über die Entgeltpflichtigkeit geirrt habe. In dem entsprechenden Internet-Fenster war es ihm zum einen möglich die AGB' s des Dialers zur Kenntnis zu nehmen, in denen ausdrücklich vermerkt ist, dass die normale Internet-Verbindung abbricht und ein anderes Service-Center angerufen wird. Weiterhin ist der Hinweis enthalten, dass die dem User entstandenem Verbindungskosten mit der Telefonrechnung des Users abgerechnet wird.

Weiterhin ist vermerkt, dass eine Freischaltung für kostenpflichtigen Erotik-Bereiche erfolgt. Damit ist für einen durchschnittlichen Computer-Anwender klar, dass nur der Zugang zum neuen Service gratis ist, die Inanspruchnahme jedoch mit Kosten verbunden ist.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Beklagten bewusst war, dass es sich um eine 0190er Nummer handelt, da es allgemein bekannt ist, dass Erotik-Service-Leistungen entgeltpflichtig sind. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin die 0190er-Nummern von sich aus gesperrt hatte, um Missbrauch vorzubeugen, der Beklagte jedoch ausdrücklich den Zugang wünschte, wobei ihm die AGB's der Klägerin bekannt waren. Weiterhin wurden unstreitig die Verbindungen nach jeweils einer Stunde gekappt und der Beklagte hat jeweils neu die Verbindung wieder hergestellt.

Durch das Anklicken des Befehlsfeldes "Verbinden" hat der Beklagte unstreitig die Dienste in Anspruch genommen. Der Beklagte hat seine Sorgfaltspflicht verletzt, indem er sich weder Kenntnis von den AGB's des Dialers verschafft hat, noch sich vor Missbrauch, vor dem die Klägerin ausdrücklich gewarnt hatte, beschützt hat. Der Beklagte war daher antragsgemäß zu verurteilen.

Kosten: § 91 ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.

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