0190-Dialer und Recht

Dokument im pdf-FormatAG Paderborn, Urteil vom 10.04.2002 Az.: 54 C 572/01

 

AMTSGERICHT PADERBORN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Az.: 54 C 572/01

 

Verkündet am: 10.04.2002

 

Tatbestand:

Die Kl. ist ein als Dienstanbieter auf dem Mobiltelefonnetzmarkt tätiges Unternehmen, das den Kunden die Möglichkeit zur Teilnahme an den Mobiltelefonnetzen der deutschen Telekom Mobilfunk GmbH (D 2 - Netz) sowie der E-Plus Mobilfunk GmbH (E 1 - Netz) eröffnet.

Unter dem 15.10.1998 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Inanspruchnahme von Mobilfunkleistungen sowie die Zurverfügungstellung eines Handys. Die Erteilung von Einzelverbindungsnachweisen als Zusatzdienst der Kl. vereinbaren die Parteien nicht. In der Folgezeit nahm der Bekl. die Leistungen der Kl. in Anspruch. Diese erteilte ihm fortlaufend Abrechnungen, die der Bekl. zunächst beglich. Die Kl. stellte dem Bekl. am 12.07.1999 einen Betrag in Höhe von 1.553,66 DM in Rechnung, der hingegen nicht zahlte. Von dieser Rechnung erfaßt wurden im Wesentlichen SMS-Messages für den Zeitraum vom 15.10.1998 bis zum 30.04.1999 sowie Gespräche in der Zeit vom 23.04.1999 bis zum 23.06.1999. Eine Rechnung vom 04.10.1999 über 1.180,64 DM zahlte der Bekl. ebenfalls nicht. Mit dieser wurde - neben einer Monatsgrundgebühr - SMS-Messages für die Zeit vom 01.05.1999 bis zum 12.08.1999 abgerechnet. Beide Rechnungen enthielten folgenden Hinweis: "Wenn Sie die Feststellung eines Einzelgesprächsnachweises (EGN) vereinbart haben, werden die Verbindungsdaten 80 Tage nach Rechnungsversand gelöscht. Sollten Sie keine EGN bestellt haben, werden die Daten sofort gelöscht. Eine nachträgliche Prüfung ist dann nicht mehr möglich"!

Mit anwaltlichen Schreiben vom 27.07. und 20.10.1999 beanstandet der Bekl. die beiden vorerwähnten Rechnungen, insbesondere wegen der späten Abrechnung von Leistungen, und bat um Überweisung von Einzelverbindungsnachweisen für die Zukunft sowie für die von der Rechnung erfaßten zurückliegenden Zeiträume, um die Rechnungen auf ihre Richtigkeit überprüfen zu können. Diesem Begehren kam die Kl. mit der Begründung nicht nach, der Bekl. habe bei Vertragsschluß die Einteilung eines Einzelverbindungsnachweises nicht gewünscht, so daß er dies auch nachträglich nicht mehr verlangen könne. Die Kl. hat behauptet, die Rechnungen vom 12.07. und 04.10.1999 gäben das Nutzungsverhalten des Bekl. zutreffend wieder. Sowohl die Erfassung der Verbindungsdaten als auch die Erstellung der Rechnungen sei elektronisch erfolgt, so daß Fehler grundsätzlich ausgeschlossen werden können. Der Bekl. sei unter anderen mittels automatisierter Mahnläufe zur Zahlung der Rechnungsbeträge aufgefordert worden, so daß er - so meint sie - neben der Hauptforderung auch zur Zahlung der entsprechenden Mahnkosten in Höhe von pauschal 20,00 DM verpflichtet sei. Der Beklagte könne ferner gegen die Berechnung vom SMS-Messages nicht einwenden, diese seien zu spät in Rechnung gestellt worden. Den der Kl. sei die Abrechnung der SMS-Verbindungsdaten erst nach Mitteilung durch die jeweiligen Netzbetreiber möglich. Daß es wegen der rasant angestiegenen Beliebtheit von SMS-Messages zu Verzögerungen bei der Abrechnung dieses Dienstes kommen würde, sei bei Vertragsabschluß mit dem Bekl. noch nicht vorhersehbar gewesen. Einzelverbindungsnachweise könne der Bekl. nachträglich nicht mehr verlangen, weil deren Erteilung bei Vertragsschluß nicht vereinbart worden sei und er mithin die Speicherung der Daten nicht gewünscht habe. Der Bekl. hat im Termin zur mündlichen Verhandlung die Klageforderung in Höhe von 72,28 € anerkannt, also soweit diese Grundgebühren und Aufpreise für das Telefon der VIP-Line Klasse und das Sparpaket betraf.

Die Klage wurde im Wesentlichen als unbegründet abgewiesen.

 

Entscheidungsgründe:

Soweit der Bekl. die Klageforderung anerkannt hat, war er im Wege des Teil-Anerkenntnisurteils zu verurteilen. Darüber hinaus ist die Klage unbegründet.

Die Kl. hat gegen den Bekl. keinen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 1.325,75 €. Der Klage war in Höhe der geltend gemachten Hauptforderung bereits deshalb nicht stattzugeben, weil die Kl. die Richtigkeit der Rechnung nicht hinreichend substantiiert dargelegt hat. Ihr obliegt nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit ihrer Rechnungen, insbesondere ihre Aufschlüsselung nach Anschlüssen der Verbindungspartner, Zeit, Dauer und dadurch ausgelöster Einzelgebühren.

Die Kl. kann sich vorliegend nicht auf einen zu ihren Gunsten sprechenden Anscheinsbeweis und eine entsprechende erleichterte Darlegung berufen. Zwar wird in der Rechtsprechung ganz überwiegend ein Anscheinsbeweis für die Richtigkeit auf technischen Aufzeichnungen beruhender Telekommunikationsrechnungen bejaht. Ein solcher Anscheinsbeweis bezieht sich aber immer nur auf die einer Rechnung zugrundeliegende technische Aufzeichnung über die geführten Einzelverbindungen. Eine solche Zusammenstellung der Einzelgespräche und einzelnen SMS-Messages hat aber die Kl. nicht vorgelegt und kann das aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Löschung der Vereinbarungsdaten auch nicht mehr nachholen. Die beiden streitigen Rechnungen weisen keine Einzelgespräche oder einzelne SMS-Messages nach Tag, Dauer und entstandenen Gebühren aus, sondern lediglich das Gesamtgebührenaufkommen für bestimmte Zeiträume. Für solche pauschalen Gebührenrechnungen gibt es keinen Anscheinsbeweis (vgl. OLG Celle, NJW - RR 1997, 568).

Die Kl. kann sich auch nicht auf Ziffer 4.8 ihrer AGB berufen, wonach Einwendungen gegen die Rechnungen binnen 6 Wochen nach Zugang schriftlich zu machen sind und die Unterlassung rechtzeitiger Einwendungen als Genehmigung der Rechnung gilt. Der Bekl. hat nämlich die Rechnungen vom 12.07. und 04.10.1999 mit Schreiben vom 22.07. und 20.10.1999 unverzüglich nach Erhalt beanstandet.

Auch Ziffer 8.3 ihrer ABG befreit die Kl. nicht von der Pflicht zur Vorlage eines Einzelverbindungsnachweises. Eine Befreiung von der Vorlagepflicht ist danach nämlich nur anzunehmen, wenn die Daten auf ausdrückliches Verlangen des Kunden gelöscht worden sind. Ein solches Verlagen des Bekl. ist vorliegend nicht gegeben.

Auch der Umstand, daß der Bekl. bei Vertragsabschluß auf die Erteilung eines Einzelverbindungsnachweises konkludent verzichtet hat, indem er diesen nicht beantragt hat, ändert nichts an der Darlegungslast der Kl. Nach den Vorschriften der Telekommunikationsdienstunternehmen-Datenschutzverordnung (TDSV) und der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV) befreit dieser Umstand nicht von der Pflicht zur Vorlage von Verbindungsdaten. § 6 IV TDSV befreit von der Vorlagepflicht zum Beweis der Richtigkeit einer Entgeltrechnung, wenn die Daten nach Ablauf von 80 Tagen nach Versendung der Rechnung oder Verlangen des Kunden gelöscht worden sind. Nach § 16 II TKV entfällt die Nachweispflicht, wenn aus technischen Gründen oder auf Wunsch des Kunden keine Verbindungsdaten gespeichert oder gespeicherte Verbindungsdaten auf Wunsch des Kunden oder auf Grund rechtlicher Verpflichtung gelöscht wurden. Keine dieser vorerwähnten Alternativen liegt hier vor. Namentlich hat der Bekl. nicht gewünscht, daß keine Verbindungsdaten gespeichert werden. Ein solcher Wunsch kann nicht bereits in der mangelnden Vereinbarung zur Erteilung eines Einzelentgeltnachweises geschehen werden. Denn § 16 I TKV sieht auch ohne Auftrag zur Erteilung eines Einzelentgeltnachweises eine Pflicht des Unternehmens zur Aufschlüsselung nach einzelnen Verbindungsdaten vor, wenn der Kunde - wie hier - Einwendungen gegen die Höhe der im Rahmen der ihm in Rechnung gestellten Verbindungsentgelte erhebt.

Schließlich bewirkt auch die von der Kl. in ihren Rechnungen verwandte Klausel "Sollten Sie keinen EGN bestellt haben, werden die Daten sofort gelöscht. Eine nachträglich Prüfung ist dann nicht mehr möglich!" keine Befreiung von der Pflicht zur Aufschlüsselung der Verbindungsdaten auf Verlangen des Kunden. Diese Klausel stellt eine unangemessene Benachrichtigung des Kunden i.S. von § 9 AGBG dar, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der Telekommunikationsunternehmen-Datenschutzverordnung und der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung nicht übereinstimmt (vgl. LG Flensburg, NJW - RR 2001, 488).

Nach alldem hätte die Kl. dem Bekl. auf sein rechtzeitiges Verlangen Einzelverbindungsnachweise erteilen und auf diese Weise ihre Entgeltrechnungen nach einzelnen Verbindungsdaten aufschlüsseln müssen. Da sie dies auch im Klageverfahren nicht getan hat und wegen der zwischenzeitlich erfolgten Löschung der Daten auch nicht mehr konnte, war die Klage unschlüssig und daher hinsichtlich der über den anerkannten Teil hinausgehende Hauptforderung abzuweisen.

Auch Zinsen und Mahnkosten kann die Kl. nicht beanspruchen. Die Bekl. hatte ein Zurückbehaltungsrecht wegen seines Anspruchs auf nachträgliche Erteilung von Einzelverbindungsnachweisen. Er ist mithin auch nicht mit der Zahlung der zuletzt anerkannten verbrauchsunabhängigen Kosten in Verzug geraten.

 

 

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